Stellungnahme von PUG-Kurs (Schuljahr 2024/25) und Geschichts-AG am Walter-Eucken-Gymnasium und Kaufmännische Schulen I

Wir, die Schülerinnen und Schüler des PUG-Kurses im letzten Schuljahr sowie die jetzige Geschichts-AG, haben uns intensiv mit der Geschichte, Gegenwart und Erinnerungskultur von Sinti und Roma auseinandergesetzt: Gemeinsam mit unserer Lehrerin Frau Sandra Butsch und Herrn Tomas Wald vom Roma-Büro haben wir Biografien von Jugendlichen aus der Sinti- und Roma-Community kennengelernt, gekocht, gefeiert und zusammen gearbeitet. Unsere Ergebnisse sind u. a. in der Ausstellung „Biografien“ des Projekts Blaues Haus Breisach – „Brücke für die Zukunft“ zu sehen.

Vor diesem Hintergrund möchten wir unsere tiefe Sorge und deutliche Kritik an den rassistischen Äußerungen, wie „Rotationseuropäer mit Eigentumszuordnungsschwäche“, des ehemaligen Asylrichters Bengt Fuchs ausdrücken. Die Verwendung despektierlicher Bezeichnungen und beleidigender Sprache erinnert an vergangene Zeiten.

Warum wir uns äußern:
    •    Unsere Auseinandersetzung mit der Lebenswirklichkeit von Sinti und Roma hat uns gezeigt, wie vielschichtig, aber auch wie verletzlich diese Gemeinschaft ist – und wie wichtig gesellschaftliche Anerkennung, Schutz vor Diskriminierung und Würde sind.
    •    Wir haben erlebt, wie Begegnung, Austausch und Sichtbarmachung von Geschichten helfen, Vorurteile abzubauen und echten Respekt zu fördern.
    •    Die öffentliche Funktion von Richterinnen und Richtern verlangt besondere Aufmerksamkeit darauf, wie Sprache, Haltung und öffentlicher Auftritt Wirkung entfalten – gerade wenn sie Macht- und Entscheidungsbefugnis haben.

Unsere Kritikpunkte im Einzelnen:
    1.    Signalwirkung: Ein solches Fehlverhalten in staatlichen Institutionen und ebenfalls die Toleranz dafür hat eine fatale Signalwirkung. Wenn die Vertreter der Judikative nicht fähig sind, verantwortungsbewusst zu handeln, und stattdessen feige Rassismus unter falschem Namen verbreitet wird, dann ist unklar, wieso sich BürgerInnen an die Regeln gesellschaftlichen Handelns halten müssen.
    2.    Vertrauen in Recht und Gleichbehandlung: Für uns hat die Arbeit im PUG-Kurs gezeigt: Gerechtigkeit heißt auch, dass Institutionen – insbesondere die Justiz – ihre Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Schutzfunktion glaubhaft wahrnehmen müssen. Wenn eine Person in einer richterlichen Funktion im Verdacht steht, diskriminierende Äußerungen gemacht zu haben, schwächt das das Vertrauen von Betroffenen und von jungen Menschen in ein Rechtssystem, das sie schützt.
    3.    Erinnerungskultur und Verantwortung: Die Geschichte von Sinti und Roma in Deutschland, die Ausgrenzung, Verfolgung und Vernichtung beinhaltet, mahnt uns wachsam gegenüber Abwertungen und stereotypen Denkweisen zu sein. Unsere Projektarbeit hat uns gelehrt: Diskriminierung beginnt oft mit Worten und Bildern – und Worte haben Gewicht. Es geht darum, dass Sprache, insbesondere im öffentlichen Raum, nicht banalisiert werden darf, wenn sie Minderheiten herabsetzt.
    4.    Bildung und Prävention: Als Schülerinnen und Schüler sehen wir es als unsere Verantwortung, nicht nur zuzuschauen, sondern aktiv Stellung zu beziehen. Bildung heißt, nicht nur Wissen anzuhäufen, sondern Haltung zu zeigen. Unsere Gemeinschaftsarbeit mit Jugendlichen aus der Sinti- und Roma-Community war geprägt von Respekt und auf Augenhöhe. Die Äußerung steht für uns im Widerspruch zu dieser wertschätzenden Haltung.

Unsere Forderungen:
    •    Wir fordern eine stärkere Sensibilisierung aller Richterinnen und Richter für die Wirkung ihrer öffentlichen Äußerungen und die Relevanz ihrer Unvoreingenommenheit im Dienst.
    •    Wir fordern, dass Schulen, außerschulische Partner und Institutionen die Zusammenarbeit vertiefen, damit Begegnung, Austausch und positive Erinnerungskultur mit Sinti und Roma stattfinden – dann kann aus Projektarbeit gesellschaftliche Wirkung entsteht.

Abschließend:
Wir möchten mit unserer Stellungnahme zeigen, dass junge Menschen sehr wohl wahrnehmen, wie wichtig Demokratie, Menschenrechte und Antidiskriminierung sind – und dass wir nicht bereit sind, Äußerungen einfach hinzunehmen, wenn sie uns als widersprüchlich zu unseren Werten erscheinen. Der Fall Fuchs zeigt uns, dass noch viel zu tun ist, damit Recht, Sprache und Haltung im Einklang stehen – für eine Gesellschaft, die Respekt und Vielfalt ernst nimmt.

Mit freundlichen Grüßen
Die Teilnehmenden des ehemaligen PUG-Kurses und der aktuellen Geschichts-AG
Walter-Eucken-Gymnasium und Kaufmännische Schulen I,
Freiburg, den 07.11.2025

 

Link zum Artikel "Doch kein Hauptverfahren gegen umstrittenen Geraer Richter"

 

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