Schüleraustausch in der Normandie: Erinnern, austauschen, Zukunft gestalten

Offranville/Normandie. Ein stiller Wald, überwucherte Ruinen, Betonreste im Moos: Die V1-Startanlage von Val Ygot ist ein besonderer Lernort der Geschichte. Genau hier trafen sich Schülerinnen und Schüler aus Offranville in der Normandie, Illkirch-Graffenstaden im Elsass sowie vom Walter Eucken-Gymnasium Freiburg, um gemeinsam auf Spurensuche in die Vergangenheit des Zweiten Weltkriegs zu gehen – und über die Zukunft nachzudenken.

Erinnern an die Vergangenheit
Bei einer Führung erfuhren die Jugendlichen, wie die deutsche Wehrmacht 1943/44 im Wald von Eawy eine Abschussbasis für sogenannte „Vergeltungswaffen“ errichtete. Zwar verhinderten alliierte Bombardierungen, dass von Val Ygot jemals eine V1 startete – doch die Anlage wurde zu einem Mahnmal. „Man spürt hier, wie nah Technik und Zerstörung an das Leben der Menschen herangekommen sind", sagte ein Freiburger Schüler nachdenklich.

In Workshops berichteten die Jugendlichen anschließend über die Kriegsgeschichte ihrer Heimatorte: über die Luftangriffe auf Freiburg, die Deportationen badischer und saarpfälzischer Jüdinnen und Juden ins südfranzösische Gurs, die wechselvolle Geschichte des Elsass zwischen deutscher und französischer Herrschaft sowie die Kämpfe um Dieppe und Offranville in der Normandie. Besonders eindrücklich war, wie sich in den Erzählungen immer wieder das Schicksal einzelner Familien und Dörfer widerspiegelte.

Lernen für die Gegenwart „Was kommt danach?“
Doch der Austausch war nicht allein rückwärtsgewandt. Unter dem Motto „Was kommt danach?“ diskutierten die Jugendlichen, welche Verantwortung ihre Generation heute trägt. Sie sprachen darüber, wie Erinnerungskultur und europäische Zusammenarbeit helfen können, Frieden zu sichern – gerade in einer Zeit, in der Krieg wieder nach Europa zurückgekehrt ist.

„Der Austausch mit Gleichaltrigen aus den unterschiedlichen Regionen hat gezeigt, dass wir trotz verschiedener Geschichten ähnliche Fragen stellen“, betonte eine Schülerin aus Illkirch. Ein Freiburger Schüler ergänzte: „Gerade wenn man hier gemeinsam durch die Ruinen geht, wird klar, wie wichtig Zusammenarbeit und Dialog sind.“

Begegnung an historischen Orten
Am zweiten Tag führte der Weg zum amerikanischen Soldatenfriedhof in Colleville-sur-Mer. Vor den unzähligen weißen Kreuzen und Davidsternen wurde den Jugendlichen bewusst, welchen Preis die Befreiung Europas forderte – viele der Gefallenen waren kaum älter als sie selbst. In stiller Betroffenheit sprachen die Schülerinnen und Schüler über Freiheit, Frieden und Verantwortung.

Ein weiterer Höhepunkt war der Besuch des Musée du Débarquement in Arromanches, das mit Modellen, Dokumenten und multimedialen Präsentationen die Bedeutung des D-Day und der künstlichen Häfen vermittelt. Besonders eindrücklich wirkte das 360°-Kino mit Originalaufnahmen vom 6. Juni 1944.

Am dritten Tag standen die Anlagen des Atlantikwalls und die Spuren der tragischen Landungsoperation von Dieppe 1942 im Mittelpunkt. Auch hier wurde spürbar, dass es vor allem junge Männer im Alter der heutigen Teilnehmenden waren, die einst gegeneinander kämpfen mussten – während ihre Nachfahren heute Austausch und Freundschaft pflegen.

Ein lebendiger Beitrag zur Freundschaft – Vergangenheit erinnern und Zukunft gestalten
Die Begegnung in der Normandie war damit weit mehr als eine Exkursion. Sie zeigte, wie Erinnerung an den Krieg lebendig bleiben kann – und wie junge Menschen über Grenzen hinweg Empathie und Verständnis entwickeln.

„Solche Treffen geben Hoffnung auf eine friedliche gemeinsame Zukunft“, fassten die Organisatoren zusammen. Der Austausch zwischen den Schulen aus Offranville, Illkirch-Graffenstaden und Freiburg wurde so zu einem lebendigen Beitrag zur deutsch-französischen Freundschaft – getragen von Jugendlichen, die Vergangenheit erinnern und Zukunft gestalten wollen.

 

S. Butsch

 

Hauptgebäude

Glümerstraße 4
79102 Freiburg

Telefon: 0761 - 201 7812

Außenstelle Lycée Turenne

Schützenallee 31
79102 Freiburg

Telefon: 0761 - 201 7805